Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

Helmholtz Perspektiven 0316

20 Helmholtz Perspektiven  September – Oktober 2016 heimischen Arten überall noch zu finden.“ So glimpflich verlaufen die Konflikte aber nicht überall. In Neuseeland beispielsweise plündern eingeschleppte Ratten und Katzen die Nester flugunfähiger Vögel, wie Kakapos oder Kiwis, und drohen diese dadurch vollständig auszurotten. Die zugezogenen Arten verändern ihren neuen Lebensraum und haben somit Folgen für die gesamte Umgebung Auch Christian Buschbaum, vom Alfred-Wegener- Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeres- forschung (AWI) an der Wattenmeerstation auf Sylt sieht mit Blick auf die Situation in Deutsch- land keinen Grund zur Panik: „Natürlich wäre es besser, wenn wir keine Arten auf unnatürlichem Weg einschleppen würden, aber nur die negativen Folgen zu untersuchen, ist der falsche Ansatz. Hier hat sich in den vergangenen Jahren die For- schung zur Invasionsbiologie sehr auf eine Seite konzentriert.“ Mit seinen Kollegen studiert er deshalb im Wattenmeer, wie sich die bestehenden und die eingewanderten Arten an die jeweils neue Situation anpassen. So gilt die Pazifische Auster als eine der problematischsten invasiven Arten im Watten- meer. Natürlicherweise kommt diese Muschelart nur im nordwestpazifischen Raum vor. Wie in vielen anderen Küstengebieten der Welt, hat der Mensch sie auch ins Ökosystem Wattenmeer ein- geschleppt, weil sie als Delikatesse gilt und die Nachfrage entsprechend groß ist. In ihrem neuen Lebensraum konkurrieren die Austern vor allem mit den heimischen Miesmuscheln, da sie sich in den auf dem Meeresboden liegenden Muschel- bänken angesiedelt haben. „Wir können bisher keine Hinweise finden, dass sich die Miesmuscheln verdrängen lassen. Es scheint vielmehr, dass sie sich an die neue Situation anpassen. Die beweg- lichen Miesmuscheln finden sich vorwiegend zwischen den größer werdenden Austern, wo sie aktiv hinwandern. Zwar ist das Nahrungsangebot hier reduziert, dafür sind sie aber besser vor Fressfeinden geschützt“, sagt Buschbaum. Die neuen Arten können also negative, aber auch durchaus positive Folgen für heimische Organis- men haben. Fakt ist, dass sie bestehende Wechsel- beziehungen zwischen den Arten verändern und neue Wirkgefüge entstehen lassen. Homogenisierung der Lebensräume Klar ist aber auch, dass die zugezogenen Arten ihren neuen Lebensraum verändern und somit Folgen für die gesamte Umgebung haben. „Wichtig ist, dass man das Ganze global betrachtet“, sagt Seebens. „Lokal oder regional kann es durch die invasiven Arten zu einem Anstieg der Artenvielfalt kommen. Global hingegen ist das Gegenteil der Fall: Die Diversität nimmt ab, weil es die neuen Arten ja anderswo bereits gibt und sie im globalen Maßstab also nicht neu sind.“ Durch die verstärkte Einwanderung werden sich die Ökosysteme welt- weit ähnlicher; Experten sprechen von einer Homogenisierung der Lebensräume. Ingolf Kühn nutzt zum besseren Verständnis gerne das Bild einer Einkaufsstraße: „Die großen Kleidungs- oder Fastfood-Ketten findet man inzwischen in fast jeder Stadt. Das Stadtbild unterscheidet sich nur noch punktuell. So ist es auch mit der Arten- vielfalt. Die Top-100-Arten wird man vermutlich schon bald in jeder Region finden.“ So existieren beispielsweise Ratten, Katzen und Schweine schon jetzt fast überall auf der Welt. forschung Austern  Inzwischen existieren Austernbänke in der Nordsee, so dass die heimische Miesmuschel zunehmend verdrängt wird. Bild: Susanne Diederich/Alfred-Wegener-Institut

Seitenübersicht