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Helmholtz Perspektiven 0316

22 standpunkte Wissen oder nicht wissen? Oft können Ärzte und Labors schon frühzeitig feststellen, ob jemand die Anlagen zu einer schweren Krankheit in sich trägt. Ist es für den Patienten gut, das auch zu wissen – oder sollte er lieber unbeschwert bleiben? Zwei Blickwinkel „Wird die Diagnose erst gestellt, wenn der Patient intensivmedizinisch behandelt werden muss, ist das ein traumatisches Erlebnis“, sagt Peter Achenbach, stellvertretender Direktor des Instituts für Diabetes-Forschung am Helmholtz Zentrum München M anchmal ist es ein Vorteil, frühzeitig zu wissen, woran man erkranken könnte oder vielleicht bereits erkrankt ist; ins- besondere dann, wenn dadurch schwerwiegende Gesundheitsprobleme vermieden werden können. In diesem Sinne haben wir am Helmholtz Zentrum München ein Früherkennungs- und Präventions- programm für Diabetes mellitus Typ-1 etabliert. Typ-1-Diabetes ist die häufigste chronische Stoffwechselerkrankung im Kindes- und Jugend- alter. In Deutschland sind über 30.000 Patienten unter 20 Jahren betroffen. Die Zahl der Neuerkran- kungen wächst stetig, gegenwärtig in jedem Jahr um etwa vier Prozent, und besonders dramatisch bei Kleinkindern unter fünf Jahren. Häufig wird die Diagnose dieser Autoimmunkrankheit erst gestellt, wenn der Patient bereits wegen einer lebensbedrohlichen Übersäuerung des Blutes, der sogenannten Ketoazidose, intensivmedizinisch behandelt werden muss – ein traumatisches Erlebnis für die Betroffenen und deren Familien. Jährlich erleiden in Deutschland etwa 900 Kinder eine Ketoazidose bei bisher unbekanntem Diabetes mellitus; das sind etwa ein Drittel aller Kinder, die pro Jahr an Diabetes erkranken. Von 400 Kindern mit Ketoazidose verstirbt ein Kind an den Folgen. In der Fr1da-Studie untersuchen wir zurzeit insgesamt 100.000 Kinder in Bayern im Alter von zwei bis fünf Jahren: In einem Bluttest suchen wir nach Diabetes-spezifischen Autoantikörpern, die bereits im symptomfreien Stadium der Erkrankung nachweisbar sind. Etwa die Hälfte der bayerischen Kinderärzte beteiligt sich an diesem Projekt. Durch die frühe Diagnose können die betroffenen Kinder (es sind etwa drei bis vier von 1000) und ihre Familien rechtzeitig informiert, geschult und betreut werden. In bisher allen Fällen, bei denen es zu einer klinischen Manifestation des Typ-1-Diabetes kam, konnten dadurch gefährliche Stoffwechsel-Entgleisungen abgewendet werden. Die Zwischenergebnisse sind so ermutigend, dass eine Ausweitung des Screenings angestrebt wird. In Zusammenarbeit mit dem Helmholtz Zentrum München plant Niedersachsen ein Autoantikörper- Screening im Rahmen der Fr1dolin-Studie, und in Sachsen wird allen Neugeborenen die Teilnahme an einem genetischen Screening in der Freder1k- Studie angeboten. Wir gehen auch schon den nächsten Schritt, indem wir nicht mehr allein auf die Prävention der Stoffwechsel-Entgleisung abzie- len, sondern Kindern mit einem hohen genetischen Risiko für Typ-1-Diabetes anbieten, an einer Impf- studie mit Insulin teilzunehmen. Unser Ziel ist, die Entstehung der Erkrankung zu verhindern.  Helmholtz Perspektiven  September – Oktober 2016

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