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Wissenschaftsbild des Monats

Adern unter Druck

Das Team um Holger Gerhardt untersucht das Wachstum von Blutgefäßen aus bereits bestehenden Kapillaren. Dieser Vorgang wird Angiogenese genannt. Auf der kleinsten Ebene des weit verzweigten Schlauchsystems von Venen und Arterien in unserem Körper befinden sich feine Kapillaren. Aus diesen sprießen neue Zellen aus der Wand in die Umgebung. Diese Auswüchse sind zunächst nur eine Reihe von Zellen. Sie haben noch keinen inneren Hohlraum (Lumen), durch den später das Blut fließen soll. „Wie sich das Lumen bildet, ist bislang im Detail nicht klar gewesen“, sagt Gerhardt.In einer neuen Arbeit, die seine Doktorandin Véronique Gebala und Gerhardt zusammen mit ihren Kollegen in Nature Cell Biology veröffentlichten, zeigt das Team diese so genannte Lumenisierung erstmals detailliert. Sie untersuchten Embryonen von Zebrafischen, indem sie die Zellmembranen mit einem fluoreszierenden Protein markierten. Wenige Stunden nach der Befruchtung bildeten sich im Embryo neue Kapillaren: Das Blut presst sich in die Gefäßzellen, die Membran der neuen Innenseite des Schlauchs wächst dabei mit. Auch in Netzhaut-Präparaten von Mäusen beobachteten sie Zwischenstufen des Vorgangs. Er ist also nicht auf Fische beschränkt.Nur wenn das Blut ausreichend unter Druck steht, überwindet es die Barriere des Proteinskeletts der Zelle und bildet eine Einstülpung, die sich durch die Zelle ausbreitet. Der neue Gefäßraum verändert sich, fällt zuweilen sogar zusammen. Senkt man den Blutdruck mit Medikamenten oder schneidet das Blutgefäß mit einem Laserstrahl ab, kommt der Prozess komplett zum Erliegen. Die Zelle lenkt den Flüssigkeitsstrom sogar aktiv. Kleinere Bläschen und ungewollte Seitenäste drängt sie zurück, indem sie Proteinfasern zu ihnen schickt. Diese Fasern aus den Proteinen Aktin und Myosin helfen beispielsweise Muskelgewebe beim Kontrahieren. Sie halten bei den entstehenden Kapillaren die Form und ziehen sie wieder zu einem Schlauch zusammen. Die neue Kapillare wächst so immer nur an der Spitze weiter.Einen ständigen Umbau der Blutgefäße im Körper gebe es nicht, so Gerhardt, aber vielleicht sei das bei bestimmten Krankheiten der Fall. Bei Diabetikern würden zum Beispiel die Gefäße der Netzhaut im Auge abgebaut. Die sind natürlicherweise von starken Blutdruckschwankungen betroffen. Diabetes ist eine der häufigsten Ursachen für den Verlust der Sehfähigkeit bei Erwachsenen. Auch wachsende Tumore lassen Blutgefäße sprießen, um ihren großen Hunger nach Energie und Sauerstoff zu stillen.Bild: Véronique Gabala

Wie genau sich Blutkapillaren neu bilden, war bisher nicht bekannt. Eine Arbeitsgruppe um Holger Gerhardt vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) bewies nun, dass der Blutdruck die treibende Kraft ist.

Das Team um Holger Gerhardt untersucht das Wachstum von Blutgefäßen aus bereits bestehenden Kapillaren. Dieser Vorgang wird Angiogenese genannt. Auf der kleinsten Ebene des weit verzweigten Schlauchsystems von Venen und Arterien in unserem Körper befinden sich feine Kapillaren. Aus diesen sprießen neue Zellen aus der Wand in die Umgebung. Diese Auswüchse sind zunächst nur eine Reihe von Zellen. Sie haben noch keinen inneren Hohlraum (Lumen), durch den später das Blut fließen soll. „Wie sich das Lumen bildet, ist bislang im Detail nicht klar gewesen“, sagt Gerhardt.

In einer neuen Arbeit, die seine Doktorandin Véronique Gebala und Gerhardt zusammen mit ihren Kollegen in Nature Cell Biology veröffentlichten, zeigt das Team diese so genannte Lumenisierung erstmals detailliert. Sie untersuchten Embryonen von Zebrafischen, indem sie die Zellmembranen mit einem fluoreszierenden Protein markierten. Wenige Stunden nach der Befruchtung bildeten sich im Embryo neue Kapillaren: Das Blut presst sich in die Gefäßzellen, die Membran der neuen Innenseite des Schlauchs wächst dabei mit. Auch in Netzhaut-Präparaten von Mäusen beobachteten sie Zwischenstufen des Vorgangs. Er ist also nicht auf Fische beschränkt.

Nur wenn das Blut ausreichend unter Druck steht, überwindet es die Barriere des Proteinskeletts der Zelle und bildet eine Einstülpung, die sich durch die Zelle ausbreitet. Der neue Gefäßraum verändert sich, fällt zuweilen sogar zusammen. Senkt man den Blutdruck mit Medikamenten oder schneidet das Blutgefäß mit einem Laserstrahl ab, kommt der Prozess komplett zum Erliegen. Die Zelle lenkt den Flüssigkeitsstrom sogar aktiv. Kleinere Bläschen und ungewollte Seitenäste drängt sie zurück, indem sie Proteinfasern zu ihnen schickt. Diese Fasern aus den Proteinen Aktin und Myosin helfen beispielsweise Muskelgewebe beim Kontrahieren. Sie halten bei den entstehenden Kapillaren die Form und ziehen sie wieder zu einem Schlauch zusammen. Die neue Kapillare wächst so immer nur an der Spitze weiter.

Einen ständigen Umbau der Blutgefäße im Körper gebe es nicht, so Gerhardt, aber vielleicht sei das bei bestimmten Krankheiten der Fall. Bei Diabetikern würden zum Beispiel die Gefäße der Netzhaut im Auge abgebaut. Die sind natürlicherweise von starken Blutdruckschwankungen betroffen. Diabetes ist eine der häufigsten Ursachen für den Verlust der Sehfähigkeit bei Erwachsenen. Auch wachsende Tumore lassen Blutgefäße sprießen, um ihren großen Hunger nach Energie und Sauerstoff zu stillen.

Bild: Véronique Gabala

Franziska Roeder

Multimedia Editor
Helmholtz-Gemeinschaft