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Helmholtz Perspektiven 1507

34 Helmholtz Perspektiven Juli – August 2015 HELMHOLTZ INTERN F rau Helling-Moegen, Herr Wurr, war das Wissenschaftsmanage- ment immer schon Ihr berufli- ches Wunschziel? Helling-Moegen: Ehrlich gesagt: nicht unbedingt. Aber es bietet schon sehr viel von dem, was ich suchte: ein innova- tives und internationales Umfeld und die Möglichkeit, Strategien nachhaltig umzusetzen. Dieser Positionswechsel ist für mich daher im Grunde eine Rückkehr, back to the roots. Ich habe im Wissen- schaftsmanagement angefangen, am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, war danach in der Helmholtz- Geschäftsstelle in Berlin, habe 2011 den Sprung nach draußen gemacht zu einem Finanzdienstleister. Und ich muss sagen: Nach vier Jahren habe ich die Wissen- schaft schon ziemlich vermisst. Da bin ich dann zurückgekehrt. Was genau fehlte Ihnen? Helling-Moegen: Das ganz besonders inspirierende Umfeld, die Themen, die Personen – die ganze Mischung. Wissen- schaft ist, auch wenn man nicht selbst im Labor steht, ein extrem spannendes und motivierendes Feld. Wurr: Ich habe beim AWI im Grunde ge- nau die berufliche Position gefunden, von der ich vorher gar nicht wusste, dass ich sie suchte. Nach dem Studium war meine Perspektive, entweder in der Wissenschaft oder in der Industrie zu arbeiten. Ich bin dann über den Umweg des Technologie- transfers ins Wissenschaftsmanagement gekommen. Das ist schon eine Welt, mit der ich mich sehr identifizieren kann. Sie sind beide erst vor kurzem in den Vorstand von Helmholtz-Zentren aufge- rückt - wie waren die ersten 100 Tage? Wurr: Spannend, als ob die Zeit keinen Moment still steht. Es gab unheimlich viel aufzunehmen und kennenzulernen. Das AWI hat ja nicht nur den Hauptsitz in Bremerhaven, sondern auch Standorte in Potsdam, auf Helgoland und Sylt. Es kostet Zeit, die alle zu besuchen, lohnt sich aber auch, gerade wegen der Kolleginnen und Kollegen vor Ort. Helling-Moegen: Bei mir war das ganz ähnlich: eine sehr spannende, sehr inten- sive Zeit. Das DZNE hat insgesamt sogar neun Standorte – das heißt, ich habe mich auf eine große Deutschlandreise begeben. Da bin ich jetzt fast komplett durch. Span- nend war für mich auch die Begegnung mit den vielen Kooperationspartnern, das ist bei uns im biomedizinischen Bereich sehr wichtig. Unterscheidet sich eine gute Führung in der Wissenschaft von der in anderen Bereichen? Wurr: Definitiv. Wissenschaftler sind intrinsisch getrieben, denen brauche ich keine Boni zu geben, mit tollen Auslands- reisen, Macht oder Einfluss. Bei ihnen muss ich viel mehr überzeugen – da hilft es nicht, mit Karotten zu wedeln, sondern ich muss wirklich überzeugen, muss sie mitnehmen auf den Weg. Und dafür ihre Motive verstehen. Freaks im positiven Sinne… Wurr: Absolut! Und sehr offen in der Diskussion. Ich habe kaum jemanden Verwaltungsregeln so vehement hinter- fragen sehen wie manche Physiker, mit denen ich diskutiert habe. Die kommen da mit naturgesetzlichen Ansprüchen, das ist jedes Mal eine echte Herausforderung. Verwaltungslogik ist für die erst einmal keine Logik. Und wer gewinnt diese Debatten? Wurr: (lacht) Es gibt einen Shortcut für mich als Verwaltungsmenschen: „Das geht rechtlich nicht.“ Das verschafft mir zumindest eine Atempause – auch wenn die Diskussion damit nicht beendet ist. Aber an so einem Punkt ist zumindest klar, dass man eventuell gemeinsam einen anderen Weg suchen muss. Helling-Moegen: Bei uns ist das genauso: Es wird diskutiert und hinterfragt und na- türlich soll alles immer ganz, ganz schnell gehen. Aber: Es geht eigentlich immer um die Sache. Mit guten Argumenten und Transparenz kommt man meistens weiter, mit Druck dagegen nicht. Sie haben beide die Helmholtz-Akade- mie für Führungskräfte absolviert. Wie gut wurden Sie dadurch auf Ihre neuen Aufgaben vorbereitet? Helling-Moegen: Das Wissen und das Handwerkszeug, das ich dort vermittelt bekommen habe, ist enorm hilfreich, um die zunehmende Komplexität in einer stark vernetzten Umwelt besser zu meistern und um mit seinen Ideen und Vorstellungen auch tatsächlich wirksam zu werden. Klar ist aber auch, dass der Härtetest dann in der Praxis erfolgen muss. Genauso wichtig war aber auch die Vernetzung mit Helmholtz-Kollegen. Dieses Netzwerk hilft mir heute noch. Wurr: Das Netzwerk ist einer der wich- tigsten Punkte, gerade auch wegen des Blicks über das eigene Zentrum hinaus. Da sind in der Akademie Kontakte und Freundschaften entstanden, die bis heute gehalten haben. Das ist für mich umso wichtiger, als es an manchen Punkten erhebliche Gesprächsbarrieren zwischen Administration und Wissenschaft gibt, manchmal auch zwischen den Helmholtz- Zentren. Das führt dazu, dass wir das Rad viel zu oft neu erfinden oder wohlmei- nend aneinander vorbeiarbeiten. Die Juristin Sabine Helling-Moegen, 43, ist seit Februar 2015 administrativer Vorstand beim DZNE (Deutsches Zentrum für Neurode- generative Erkrankungen in der Helmholtz- Gemeinschaft). Der Chemiker Karsten Wurr, 48, ist seit Februar 2015 Verwaltungsdirektor am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz- Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven. Beide haben in den vergangenen Jahren die Helmholtz-Akademie für Führungskräfte durchlaufen. I M G E S P R Ä C H

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