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Helmholtz Perspektiven 0915

33 Helmholtz Perspektiven September – Oktober 2015 FORSCHUNGSPOLITIK Herr Wiestler, landauf, landab wird über die Fortsetzung der Exzellenzinitiative diskutiert, die in ihrer jetzigen Form im Jahr 2017 endet. Welche Vorstellungen haben Sie als neuer Präsident der Helm- holtz-Gemeinschaft von der Zukunft der Exzellenzförderung? Es ist enorm wichtig, dass die Exzellenz- initiative weitergeht und dass die ganze Bewegung, die im System erzeugt worden ist, aufrechterhalten wird. Jetzt ist der Zeitpunkt, darüber nachzudenken: Was war wirklich erfolgreich? Was haben wir bewirkt? Und wo muss nachjustiert werden? Auf jeden Fall hat diese Initiative einen enormen Schub ausgelöst, was das Nachdenken über Strategie angeht. Jede Universität war plötzlich damit konfron- tiert, intensiv zu fragen: Wo stehen wir? Wo sind unsere Stärken und wie können wir uns in einem solchen Wettbewerb positionieren? Dies hat über lange Zeit in Deutschland gar nicht stattgefunden. Sie möchten also auch weiterhin an einem der Kernziele der Initiative festhalten, einer Förderung zum Auf- bau international wettbewerbsfähiger Hochschulen, wenn vielleicht auch in modifizierter Form? Wichtig ist, dass man bei der Fortset- zung der Exzellenzinitiative noch stärker darauf achtet, dass die Hochschulen ein wirklich sichtbares Profil entwickeln. Wir hatten in Deutschland lange Zeit das Problem, dass viele versucht haben, alles auf einmal anzubieten. Das war auch unsere Bildungsphilosophie: Wir stellen uns relativ breit auf, wir möchten alle Bereiche irgendwie bedienen. Das war einfach nicht mehr zeitgemäß. Im internationalen Wettbewerb konnten wir so nicht mehr bestehen, schon gar nicht mit großen Wettbewerbern, die ganz andere Ressourcen haben, wie etwa die ETH Zürich, Cambridge in England oder Harvard in Boston. Wir haben uns lange Zeit schwer getan anzuerkennen, dass einige Universitäten erheblich besser als andere sind. Nun ist aber viel Bewegung ins System gekommen. Alle Universitäten müssen sich immer wieder die Frage stel- len, wo ihre Spezialgebiete sind, auf denen sie im internationalen Konzert mitspielen können. Und was genau sollte aus Ihrer Sicht anders werden? Ich würde die Initiative insofern ändern, dass wir nicht mehr von Eliteuniversitäten sprechen. Auch mit einer veritablen Bun- desförderung können wir eine deutsche Universität nicht auf ein Niveau bringen, das sie wirklich in all ihren Bereichen in- ternational wettbewerbsfähig macht. Wenn es darum geht, sich in Forschung und Entwicklung international gut aufzustel- len, kann eine Hochschule nur in wenigen begrenzten Fachgebieten an der absoluten Spitze mitmarschieren. Dieses stärker auszuprägen, scheint mir eine wichtige Funktion der Exzellenzinitiative zu sein. Wer aktuelle Zitate von Repräsentanten der Wissenschaftsorganisationen liest, bekommt den Eindruck, die Wissen- schaft bestreitet bei der Neugestaltung der Exzellenzinitiative das Primat der Po- litik. Wer hat dabei eigentlich Vorrang? Ich glaube, das ist nur partnerschaft- lich lösbar. Es ist eine bemerkenswerte Erkenntnis aus der bisherigen Initiative, dass sie im Rahmen eines langfristigen Dialogs entstanden und weiterentwickelt worden ist. Das ist der richtige Weg. Ein Weg übrigens, der uns gegenüber den USA auszeichnet. In den USA werden solche Dinge ganz anders entschieden. Was halten Sie von dem Vorschlag der Deutschen Forschungsgemeinschaft, künftig weniger Universitäten im Ganzen als exzellente Standorte zu küren, stattdessen Exzellenzzentren an einzelnen Universitäten oder auch an Instituten auszuwählen? Ich habe viel Sympathie für die Idee wirklich herausragender Forschungs- cluster, die größer sind als die bisherigen Exzellenzcluster, die aber nicht die ganze Universität einbeziehen, sondern nur aus- gewählte Themenfelder. Diese können zum Beispiel in den Lebenswissenschaften, in den Ingenieurswissenschaften, in der Energieforschung oder auf geisteswissen- schaftlichem Gebiet liegen. Auch der Bund muss sich ja der Schul- denbremse stellen, für die Länder gilt sie schon. Wie sehen Sie die Pers- pektiven für die Wissenschaft in den nächsten Jahren? Ich finde es erstaunlich, wie nachhal- tig die Bundesregierung nach wie vor Forschung und Innovation fördert. Das ist auch im internationalen Vergleich be- merkenswert. Ich habe keine Sorge, dass die Regierung diesen Kurs nicht mehr fortsetzen könnte. Dass es jedoch gewisse Einschränkungen geben mag, wissen wir. Der Pakt für Forschung und Innovation wird uns im nächsten Jahr nicht mehr ei- nen Aufwuchs von fünf Prozent, sondern nur von drei Prozent bringen. Das wird in allen außeruniversitären Forschungs- einrichtungen dazu führen, dass wir den Gürtel etwas enger schnallen müssen. Durch eine Verschärfung der Haushalts- situation müssen wir noch genauer prüfen, wo und mit welchen Partnern wir unsere Mittel am wirkungsvollsten einsetzen können. Aber besteht bei einer Verschärfung der Haushaltslage nicht die Gefahr, dass die Grundfinanzierung der Universitäten noch mehr sinkt, also die Basis, auf der Sie aufbauen müssen, brüchig wird? Diese Gefahr besteht ohne Frage. Besorgt bin ich vor allem über das Verhalten der Bundesländer. Es gibt Länder, die die Wei- chen für Forschung und Innovation bei Weitem nicht so gestellt haben, wie die Bundesregierung es vormacht. Der Bund hat auch dann investiert, als wir in einer Haushaltskrise waren. Investitionen in Forschung und Entwicklung haben eine besonders große Wirkung, insbesondere auch auf Länderseite. Die Wissenschaftsorganisationen wen- den sich gegen zu starke gesetzliche Eingriffe bei der Gestaltung von Zeitver- trägen. Gleichwohl kritisieren nicht nur Betroffene, sondern auch die

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