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Helmholtz-Perspektiven 0215

Helmholtz Perspektiven März – April 2015 10 TITELTHEMA können sich die robusten Keime, die zur normalen Darmflora gehören, nach einer Antibiotikatherapie massenhaft vermehren und chronische Durchfälle hervorrufen. Eine neuartige biologische Therapie schlagen Wissenschaftler am European Molecular Biology Laboratory Hamburg vor: Dabei würden gentechnisch veränderte Bakteriophagen, das sind Viren, die nur Bakterien befallen, die Problemkei- me entern, sie von innen perforieren und letztlich aufplatzen lassen. Die interessante Idee aus der Grundlagenforschung ist allerdings noch weit von einer Anwendung in der Praxis entfernt. Erstaunliche Erfolge erzielen Ärzte bei diesen Durchfallpatienten heute bereits mit Stuhltrans- plantationen. Betroffene, bei denen alle sonstigen Therapien versagen, erhalten dabei kleine Mengen des Stuhls gesunder Spender mitsamt deren Darm- bakterien. Fast immer siedeln sich die transplan- tierten Organismen an und weisen die Clostridium difficile-Mikroben in gesunde Schranken – die Me- thode kann bei mehr als 90 Prozent der Patienten den Durchfall kurieren, wie eine Studie mit zuvor vergeblich medikamentös Behandelten zeigte. Es gibt bereits Stuhlbanken, um den Zugang zu Proben von infektiologisch voruntersuchten Spendern zu erleichtern. Aber noch ist die Therapie Einzelfällen vorbehalten. Schließlich ist das Verfahren relativ neu, Therapiestandards fehlen und die Langzeitfol- gen sind bislang unklar. Zur Wachsamkeit mahnt jedenfalls ein Fall in den Vereinigten Staaten: Dort nahm eine zuvor normalgewichtige Patientin, die Stuhl von ihrer gesunden, aber fettleibigen Tochter erhalten hatte, nach der Transplantation stark zu und trotz entschiedener Abmagerungsversuche auch nicht wieder ab. Zwar sind die genauen Zu- sammenhänge noch nicht bekannt; in der behan- delnden Klinik verwende man seither nur noch Stuhltransplantate von Personen ohne Übergewicht, berichteten die Autoren der Fallstudie unlängst. „Wir stehen am Anfang einer ganz neuen Ent- wicklung und vieles muss sich erst noch weisen“, sagt Michael Schloter, der Leiter der Abteilung Umweltgenomik am Helmholtz Zentrum München. Als der gelernte Pflanzen- und Bodenmikrobiologe seine Laufbahn vor zwanzig Jahren begann, hatte er es nur gelegentlich mit medizinischen Fragen zu Modernes Lesegerät Michael Schloter an einem Se- quenzierer, mit dem man sehr große Mengen DNA in kurzer Zeit entschlüsseln kann. Bild: Petra Nehrmeyer/Helmholtz Zentrum München

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