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Helmholtz-Perspektiven 0215

Helmholtz Perspektiven März – April 2015 9TITELTHEMA Bestseller vor einigen Jahren. Noch mehr, antwortet die Bakterienforschung und zählt munter weiter. Mit dem neuen Blick auf die Welt der Kleinst- lebewesen verändert sich deren Einschätzung. Frü- her wurde vor allem das Negative betont, wurden sie als „feindliche Keime“ gesehen. Heute rückt das Positive und Nützliche in den Fokus. Bakterien sind unsere Freunde, heißt die neue Losung. Und was heute noch keine Freundschaft ist, kann schon morgen eine werden. Ein Beispiel dafür sind Bakte- rien der Gattung Clostridium, die im Boden und im Verdauungstrakt höherer Lebewesen vorkommen. Sie können dem Menschen schaden, lassen sich aber auch geschickt für seine Zwecke einspannen – etwa in der Krebstherapie. So gelang es US- Medizinern im vergangenen Jahr, Tumore durch die Injektion von genetisch entschärften Clostridium novyi-Bakterien zum Schrumpfen zu bringen. Diese Bakterienart findet sich praktisch überall und kann die tödliche Infektionskrankheit Gasbrand auslösen. Für ihr Wachstum braucht sie exakt die sauerstoff- arme Umgebung, die im Inneren eines Krebskno- tens vorherrscht. Nachdem sich die Behandlungs- option in Tierversuchen bewährt hatte, wandten die Forscher sie bei einer Frau mit einem fortgeschritte- nen Tumor der Muskulatur an. Sie entwickelte zwar Fieber und eine starke Entzündung, doch der Krebs ging zurück. Vermutlich töten die Bakterien die Tumorzellen ab und rufen zusätzlich eine Abwehrre- aktion des Immunsystems hervor, spekulieren die Mediziner. Bewährt sich ihr Verfahren in größeren Studien, könnte es künftig klassische Verfahren wie Chemo- und Strahlentherapie ergänzen. Am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Me- dizin in Berlin ist derzeit eine weitere Bakterienthe- rapie im Test. Dabei wird ein Gen des Bakteriums Clostridium perfringens – es kann Lebensmittelver- giftungen auslösen – in Tumore der Bauchspeichel- drüse gespritzt. Das Gen enthält den Bauplan für einen bakteriellen Giftstoff, der in der Krebszelle produziert werden soll, um anschließend ihre Hülle zu zerlöchern und ihren Tod einzuleiten. Die Ergebnisse erster Tierversuche seien sehr ermuti- gend, berichtet der Studienleiter Wolfgang Walther. Binnen Kurzem seien die Tumore geschrumpft, das Krebsgewebe habe sich zersetzt. Eines Tages, hofft Walther, könnte seine Gentherapie während oder nach einer Operation helfen, letzte Tumorreste zu beseitigen. Und das nicht nur beim Bauchspeichel- drüsenkrebs, sondern auch bei Darmkrebs. Gegen die Art Clostridium difficile hat die Me- dizin noch wenig in der Hand. Beim Menschen Bessere Technik liefert neue Einblicke Mittels moderner Sequenzierverfahren haben For- scher viele neue Erkenntisse über Bakterien gewonnen, sagt Till Strowig vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung. Bild: Hallbauer/Fioretti

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