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Helmholtz-Perspektiven 0215

Helmholtz Perspektiven März – April 2015 30 FORSCHUNG und Schweinen gewonnen. Immer wieder gab es Probleme, weil ein Baustein des Schweineinsulins vom menschlichen Insulin abweicht, beim Rinderin- sulin unterscheiden sich sogar drei Bausteine. Diese Unterschiede führten dazu, dass etliche Patienten – allein in Deutschland leiden mehr als eine halbe Million Menschen an Diabetes vom Typ I – dieses Insulin aus dem Schlachthof nicht vertrugen. Dabei waren sie darauf angewiesen, weil ihr Körper das Hormon nicht mehr produzierte. Gentechniker haben bereits 1979 die Erbinformation für das menschliche Insulin auf Bakterien und Hefezellen übertragen, die das Hormon dann auch produzier- ten. 1987 erhielt dieses Humaninsulin erstmals die Zulassung als Medikament. Weitere Erfolgsgeschichten folgten bald: 1991 kam das menschliche Wachstumshormon Somato- tropin auf den Markt, durch das 100.000 Deutsche mit einer Unterproduktion dieser Substanz eine normale Körpergröße erreichen konnten. Vorher wurde der Wirkstoff aus den Körpern Verstorbener gewonnen; in wenigen Fällen ist dabei die Creutz- feldt-Jakob-Krankheit übertragen worden, die das Gehirn der Betroffenen zerstört. Rund 8.000 Blutern in Deutschland steht seit 1993 ein gentechnisch hergestellter Blutgerinnungsfaktor zur Verfügung. Die seit 1994 zugelassene humane DNAse lässt 6.000 bis 8.000 Kinder leichter atmen, die an Mukoviszidose leiden. Erythropoetin hilft rund 60.000 Patienten mit Nierenversagen – die Liste der gentechnisch erzeugten Substanzen wird nicht nur in der Medizin jedes Jahr länger. Diese Er- folge zählen so selbstverständlich zum Alltag, dass die Medien kaum noch darüber berichten. Ganz anders sieht es dagegen aus, wenn die Gentechnik auf den Acker soll. Wenn das Erbgut von Mais oder Baumwolle verändert wird, damit die Pflanzen schädliche Insekten abwehren oder besser mit Unkrautvernichtungsmitteln klarkommen, laufen Umweltverbände wie Greenpeace und BUND dagegen Sturm. Sie befürchten unkalkulierbare Risiken. Die EU erlaubt den Anbau einiger gentech- nisch veränderter Pflanzenarten. Allerdings sollen die Mitgliedsstaaten die Möglichkeit bekommen, per Ausstiegsklausel den Anbau zu verbieten. Ob es dafür in Deutschland eine bundesweite Regelung geben oder der Bund die Entscheidung den Ländern überlassen wird, ist noch nicht klar. FA R B E N L E H R E D E R G E N E Gentechnik wird heute in verschiedenen Bereichen kommerziell angewendet, die sich oft überschneiden. Zur Unterscheidung dienen Farben, mit denen die Bereiche begrifflich voneinander abgegrenzt werden: Rote Gentechnik umfasst den gesamten medizinischen und pharmazeutischen Bereich, die Farbe bezieht sich auf das Blut des Menschen. Angewendet wird die Gentechnik praktisch im gesamten Spektrum der Medizin bis hin zu Heilmethoden. Vor allem werden viele Medikamente und Impfstoffe mit den Methoden der Gentechnik hergestellt, auch basieren immer mehr Diagnose- Instrumente auf dieser Technik. Weil die Patienten sehr deutlich profitieren, hat die rote Gentechnologie meist ein positives Image. Grüne Gentechnik bezieht sich auf die grüne Farbe der Pflanzen, die verändert und gezüchtet werden. Meist handelt es sich um Nutzpflanzen, oft ist der Vorteil zumindest in hochentwickelten Gesellschaften für den Verbraucher nicht oder kaum sichtbar. Wohl deshalb wird dieser Bereich besonders heftig diskutiert, bei großen Teilen der Bevölkerung hat die grüne Gentechnik ein schlechtes Image. Weiße Gentechnik ist der Begriff für Industrieprozesse, die gen- technisch veränderte Enzyme, Zellen oder Mikroorganismen bei der Produktion von Industriechemikalien oder Medikamenten wie etwa Insulin einsetzen. Dieser Bereich wird in der Öffentlichkeit kaum diskutiert. Blaue Gentechnik nutzt die Erbeigenschaften von Mikroorga- nismen, die unter extremen Bedingungen wie hohem Druck und hohen Temperaturen leben, zum Beispiel am Meeresgrund an Unterwasser-Vulkanen. Die besonders widerstandsfähigen Pro- teine sollen Industrieprozesse verbessern, die oft unter ähnlich harten Bedingungen ablaufen. Graue Gentechnik hat mit der Reinigung von Wasser, Böden und Luft zu tun. So gibt es zum Beispiel eine gentechnisch veränderte Pappel, die Schwermetalle und Pestizide aufnehmen kann und die so zur Sanierung von Altlasten in Böden beitragen kann. Genau wie die blaue Gentechnik wird auch die graue in der öffentlichen Meinung eher positiv eingeschätzt.

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