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Helmholtz Perspektiven 0714

21 Helmholtz Perspektiven Juli – August 2014 Standpunkte K ann man Nutzen und Kosten von Natur­ gütern beziffern? Kann man beispiels- weise sagen, was das Verschwinden einer hiesigen Bienenart die Menschheit kosten würde? Ich meine: Nein. Ein solches Verschwinden – zum Beispiel durch ein Pestizid – betrifft auch die Lebensgrundlagen eines nordafrikanischen Klein- bauern, da seine Anbauflächen im Verbreitungs­ gebiet der westlichen Honigbiene liegen. Er müsste befragt werden, wollte man einen Markt für Umwelt- güter simulieren. Ist dabei seine Einschätzung weni- ger wert als die seines mitteleuropäischen Kollegen, nur weil er in einem simulierten Markt weniger Geld aufbringen könnte? Solche Verteilungsfragen fallen bei Umweltbewertungen gerne unter den Tisch. Eigentlich müssten sogar alle Menschen gehört werden, selbst wenn sie nicht unmittelbar betroffen sind – schließlich könnten auch sie sich an den Folgen stören und das Verschwinden der Bienenart in einer Kosten-Nutzen-Abwägung auf der Verlustseite einordnen. Eine solche Befragung ist schlicht unmöglich. Und ob jeder Beteiligte wohl die Höhe des möglichen Schadens in einer Zahl ausdrücken könnte? Was ist mit künftigen Generationen, die ebenfalls betroffen wären? Und wie sollte all das in einem einzigen monetären Wert zusammengefasst werden? Um ein anderes Beispiel zu nennen: Eine neue Start- und Landebahn an einem Flughafen führt zu mehr Lärm, möglicherweise eröffnen sich aber auch Nischen für seltene Arten, die sich vorher dort nicht ansiedeln konnten. Der Lärm erzeugt Gesundheits- schäden bei Anwohnern und zugleich neue Arbeits- plätze in der Region. Wie sollte man all das messen, bewerten und gegeneinander aufwiegen? Statt einer Monetarisierung von Umwelt- gütern ziehe ich eine konsequente Anwendung des Vorsorgeprinzips vor: In ein System sollte nur eingegriffen werden, wenn man die Folgen absehen kann – was zum Beispiel beim Einsatz von Gentech- nik noch nicht der Fall ist. Ist die Umwelt betroffen, so müssen Grenzen gesetzt werden, die sich an außerökonomischen, naturwissenschaftlichen Kriterien orientieren. Hierfür braucht man aber keine Umweltbewertung. Hilfreich sind stattdessen Umweltindikatoren – etwa die Entwicklung der Gewässerqualität. Ergänzt werden können diese durch monetäre Indikatoren, wenn sie geeignet sind – wie die Kosten, die anfallen würden, wenn man sich für weniger umweltschädigende Maßnah- men entscheiden würde. Dominieren dürfen diese Indikatoren aber nicht.   „Besser keinen Wert für Umweltgüter angeben, als einen, der in die Irre führt“, sagt Dirk Löhr, Professor für Steuerlehre und Ökologische Ökonomik an der Hochschule Trier, Umwelt-Campus Birkenfeld

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