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Infektionsforschung

Schlüsselprotein des Malaria-Erregers erstmals beschrieben

Elektronenmikroskopische Aufnahme eines von Malaria befallenen Blutkörperchens (blau eingefärbt). Bild: NIAID, flickr.com

Wissenschaftler hoffen, dem Malaria-Erreger künftig schon vor Ausbruch der Erkrankung zu Leibe rücken zu können. Eine zentrale Rolle könnte dabei das Protein Aktin spielen. Die Struktur des Malaria-Aktins konnten Braunschweiger Forscher nun bestimmen

Aktin ist ein alter Bekannter der Zellbiologen: Ob Mensch, Pflanze, Pilz oder Einzeller, in allen Zellen mit echtem Zellkern ist dieses Protein zu finden. Aktin-Moleküle bilden das Gerüst jeder dieser Zellen: Sie geben der Zelle ihre Form und ermöglichen ihr, sich zu bewegen und zu teilen. Typischerweise fügen sich Aktin-Moleküle zu langen Ketten zusammen. Diese Eigenschaft ist bisher allerdings noch nie bei einzelligen Parasiten wie dem Malaria-Erreger beobachtet worden.

Inari Kursula und ihrer Forschungsgruppe vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) ist es jetzt erstmals gelungen, die molekulare Struktur des Erreger-Aktins detailliert zu beschreiben. Dabei fanden sie zwei unterschiedliche Varianten des Moleküls - Aktin 1 und Aktin 2. Ihre Aufnahmen mit dem Elektronenmikroskop bestätigen, dass das Erreger-Aktin ebenfalls Molekülketten bildet - allerdings unterschiedlich lange. Das brachten Untersuchungen am Hamburger Beschleunigerzentrum DESY, dem Deutschen Elektronen-Synchrotron, zutage. Die dort erzeugte extrem gebündelte und kurzwellige Röntgenstrahlung ermöglicht es den Forschern, die atomare Struktur von Proteinkristallen sichtbar zu machen. "Aktin-Filamente bestehen aus zwei Molekülsträngen, die wie bei einem Seil umeinander gewunden sind", sagt Kursula. "Wir wissen jetzt, dass die Kontaktstellen zwischen beiden Strängen bei Aktin 1 und Aktin 2 unterschiedlich stark sind. Dadurch sind die Ketten unterschiedlich stabil." Während Aktin 2 dem bisher bekannten Aktin gleiche und lange Filamente bilde, sei Aktin 1 in seiner Struktur weniger fest gefügt und forme daher nur kurze Filamente. Die Forscher gehen davon aus, dass der Malaria-Erreger auf die kurzen Aktin-Ketten angewiesen ist, um sich in der Blutbahn des Menschen zu bewegen. Die langen Ketten braucht der Parasit vermutlich, um sich im Überträger, der Anopheles-Mücke, zu vermehren.

Aktin 1 ist ein idealer Angriffspunkt für Medikamente. Denn: Einerseits ermöglicht es als Schlüsselbaustein überhaupt erst die Ausbreitung des Parasiten, andererseits unterscheidet sich das Aktin in seinem molekularen Aufbau deutlich von dem, das in menschlichen Zellen vorkommt. Ein Medikament, das auf die molekulare Struktur des Erreger-Aktins zugeschnitten ist, würde den menschlichen Zellen nichts anhaben können und nur den Parasiten schädigen. Und anders als herkömmliche Malaria-Medikamente, die erst wirken, wenn der Erreger bereits die roten Blutkörperchen befallen hat, könnte ein Angriff auf das Aktin den Malaria-Erreger schon kurz nach dem Stich der Mücke schadlos machen.

"Dies wäre ein Vorteil gegenüber gängigen Malaria-Medikamenten, da der Parasit dann keine Möglichkeit mehr hätte, Zellen zu infizieren und sich zu vermehren", sagt Egbert Tannich, Mediziner und wissenschaftlicher Vorstand am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. Voraussetzung wären allerdings auch neue Diagnosemethoden, so Tannich weiter. Denn üblicherweise wird Malaria erst bemerkt und diagnostiziert, wenn das typische Fieber ausgebrochen und die Vermehrung des Parasiten im Blut bereits im Gange ist. Für die Wirksamkeit der Medikamente sei aktuell allerdings weniger deren Ansatzpunkt ein Problem, sondern vielmehr die Resistenzen, die die Parasiten gegen die Wirkstoffe entwickeln.

Das Zellskelett des Malaria-Erregers unter dem Supermikroskop (Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung)

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