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JUnQ – Ungelöste Fragen

Rot ist Rot, Gelb ist Gelb – oder doch nicht?

Bild: AllebaziB/Fotolia

Lange war es eine rein philosophische Frage, ob jeder Mensch die Farben gleich wahrnimmt – wie soll man die Eindrücke schließlich vergleichen? Wissenschaftler aus Washington haben einen Weg gefunden, um möglicherweise doch eine Antwort zu finden. Ein Beitrag aus dem Journal of Unsolved Questions (JUnQ)

Farben sehen wir mit unseren Zapfen, das sind Rezeptoren im hinteren Teil des Auges. Die meisten Menschen haben drei verschiedene Zapfentypen, mit denen sie kurz-, mittel- und langwelliges Licht unterscheiden können. Das Gehirn berechnet aus den Signalen der Zapfen dann einen Farbeindruck. Rund jeder zehnte Mensch ist von einer Form der Farbblindheit betroffen: Er besitzt zum Beispiel einen Zapfentyp zu wenig und nimmt Farbeindrücke daher anders war. Gleiches gilt für sogenannte Tetrachromaten, Menschen mit einem zusätzlichen vierten Zapfentyp

Doch sieht eine Farbe für Menschen mit normalem dreifarbigem Sehvermögen auch wirklich gleich aus? Diese Frage ist Teil eines philosophischen Konzepts, das Qualia genannt wird. Es beschreibt die Subjektivität unserer inneren Wahrnehmung, also auch, wie wir einen Farbeindruck empfinden. Allein weil unsere Sprache zu begrenzt ist, werden wir nie in der Lage sein, genau zu sagen, ob eine Person eine bestimmte Farbe in der gleichen Art wahrnimmt wie eine andere. Dennoch gibt es Hinweise auf individuelle Unterschiede. Beispielsweise haben Menschen unterschiedliche Lieblingsfarben und assoziieren unterschiedliche Stimmungen mit einer bestimmten Farbe; manchen fällt es leichter, sich farblich passend zu kleiden. In einer 2009 von Maureen Neitz und Fachkollegen vom Institut für Ophthalmologie der Universität Washington veröffentlichten Studie haben die Forscher männliche Totenkopfäffchen, die von Geburt an nur Zapfen für kurz- und mittelwelliges Licht haben, mit einem dritten Zapfentyp ausgestattet. Dazu haben sie ein menschliches Gen in die Affen eingeschleust, das einige der Zapfen für langwelliges Licht empfindlich machte. Dadurch hatten die Affen nun die notwendige Maschinerie, um rotes und grünes Licht zu unterscheiden. Obwohl ihren Gehirnen die Verschaltung für die neu gewonnenen Zapfen fehlte, konnten sie deren Signale nutzen und vor einem grauen Hintergrund Rot und Grün unterscheiden. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass es keine von vornherein festgelegten inneren Bilder von Farbe gibt. Das Gehirn scheint Farben nicht nach einem vorgegebenen Modus zu erzeugen, sondern stattdessen seine eigene Art der Farbwahrnehmung zu entwickeln.

Weitere ungelöste Fragen: www.junq.info

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