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So groß wie Hamburg

Eisberg löst sich von Antarktis-Gletscher

Am Pine-Island-Gletscher, dem längsten und am schnellsten fließenden Gletscher der Antarktis, hat sich Anfang Juli 2013 eine riesige Fläche Schelfeis gelöst und treibt nun in Form eines sehr großen Eisberges in der Amundsen-See.

Am Pine-Island-Gletscher, dem längsten und am schnellsten fließenden Gletscher der Antarktis, hat sich am 8. Juli 2013 eine riesige Fläche Schelfeis gelöst und treibt nun in Form eines sehr großen Eisberges in der Amundsen-See. Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Institutes, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), haben dieses Naturschauspiel über den Erdbeobachtungssatelliten TerraSAR-X vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) verfolgt und in vielen Einzelaufnahmen dokumentiert. Die Daten sollen helfen, die physikalischen Rätsel eines solchen "Kalbens" zu lösen, wie die Eisforscher das Abreißen nennen.
 
Den ersten Riss in der Gletscherzunge hatten Wissenschaftler der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA am 14. Oktober 2011 bei einem Überflug entdeckt. Er war damals rund 24 Kilometer lang und 50 Meter breit. "Infolge der Risse hat sich ein riesiger Eisberg von der Gletscherzunge gelöst – er misst 720 Quadratkilometer und ist damit fast so groß wie das Stadtgebiet Hamburgs", berichtet Angelika Humbert, Eisforscherin vom Alfred-Wegener-Institut. Die Glaziologin und ihr Team haben die hoch auflösenden Radaraufnahmen des DLR-Erdbeobachtungssatelliten TerraSAR-X genutzt, um das Fortschreiten der Risse zu beobachten und die physikalischen Prozesse hinter den Gletscherbewegungen besser zu verstehen. So vermaßen die Forscher unter anderem die Spaltbreiten und berechneten die Fließgeschwindigkeit des Eises. "Oberhalb des großen Risses ist der Gletscher zuletzt mit einem Tempo von zwölf Metern pro Tag geflossen", berichtet Humberts Kollegin Dana Floricioiu vom DLR.

Gletscher sind ständig in Bewegung

Diese und andere TerraSAR-X-Satellitendaten lassen die Wissenschaftler in Computersimulationen einfließen, mit denen sie die Bruch- und Fließmechanik der Eismassen modellieren. "Gletscher sind ständig in Bewegung. Sie haben ihre ganz eigene Fließdynamik. Ihr Eis ist permanenten Spannungen ausgesetzt und das Kalben von Eisbergen ist noch weitestgehend unerforscht", sagt Eismodelliererin Angelika Humbert. Ihre Simulationsergebnisse vergleichen die Wissenschaftlerin und ihr Team im Anschluss mit aktuellen Satellitendaten wie jenen von TerraSAR-X. Stimmen Modellrechnung und Realität überein, können die Wissenschaftler daraus zum Beispiel schlussfolgern, welche Gleiteigenschaft der Boden unter dem Gletschereis besitzt und wie sich der Eisstrom im Fall einer weiteren Erderwärmung verhalten könnte.

Werden Eisabbrüche wie dieser vom Klimawandel hervorgerufen? Angelika Humbert sieht bisher keinen direkten Zusammenhang: "Die Bildung von Rissen im Schelfeis und damit auch die Entstehung neuer Eisberge sind natürliche Vorgänge", sagt die Glaziologin. An anderer Stelle in der Antarktis konnten AWI-Forscher jüngst nachweisen, dass ein Rückzug von Schelfeis neuen Raum für die Ausbreitung des Lebens schafft, etwa für antarktische Glasschwämme.

Weitere Informationen beim AWI und dem DLR

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