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Klimawandel

Die Folgen für die Landwirtschaft

Bild: UFZ/ André Künzelmann

In einem Langzeitexperiment untersuchen Wissenschaftler, wie sich die Erderwärmung auf verschiedene Formen der Landnutzung hierzulande auswirkt. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Produktivität um mehr als 20 Prozent abnehmen könnte.

Auf 50 Parzellen, jede 16 mal 24 Meter groß, wollen Wissenschaftler herausfinden, wie sich der Klimawandel auf die Landwirtschaft auswirkt. In Bad Lauchstädt, südwestlich von Halle an der Saale, arbeiten seit 2014 vierzig Wissenschaftler, zur Hälfte vom UFZ, zur Hälfte von anderen Forschungseinrichtungen und Universitäten, gemeinsam mit sieben Doktoranten und zehn Technikern an dem einzigartigen, auf 15 Jahre angelegten Versuch. "Es gibt weltweit schon viele Klimaexperimente, die in verschiedenen Regionen, mit verschiedenen Systemen einzelne Landnutzungen wie Grasland, Maisfelder oder Heidelandschaften untersuchen", erklärt Martin Schädler, Projektleiter des Global Change Experimental Facility (GCEF). "Uns interessierte aber die Frage, wie verschiedene Landnutzungstypen auf die Klimaänderung reagieren, wo es Unterschiede gibt und wo Gemeinsamkeiten."

In den einzelnen Parzellen betreiben er und seine Kollegen dazu nicht nur konventionelle und ökologische Landwirtschaft, sondern nutzen Grünland einmal intensiv mit strenger Mahd, einmal extensiv und einmal als Schafweide. Die Hälfte ihrer Versuchsfelder haben die Wissenschaftler als Kontrollgruppe angelegt. Dort wächst und gedeiht alles unter normalen Bedingungen. Auf der anderen Hälfte simulieren sie ein Klima, dass Prognosen für Mitteldeutschland um das Jahr 2050 vorhersagen.

Die Zukunft möglichst realistisch simulieren

Versuchsanlage in Bad Lauchstädt. Bild: UFZ/ André Künzelmann

Um Feuchtigkeit und Temperaturen regulieren zu können, ist jede einzelne Versuchsfläche von einer fünf Meter hohen Stahlkonstruktion umschlossen. Dächer und Seitenwände der Felder mit dem "Klima der Zukunft" lassen sich automatisch öffnen und schließen. Dank Regensensor lässt sich so ein trockeneres Klima simulieren. "Die Erwärmung erzielen wir dadurch, dass wir die Dächer der Parzellen nachts schließen. Das ist finanziell weitaus günstiger als flächendeckende Heizstrahler und entspricht nebenbei auch den Vorhersagen, dass in Zukunft die Nachttemperaturen dreimal stärker steigen werden als die Tageshöchstwerte."

"Im Unterschied zu anderen Experimenten modulieren wir das Klima entsprechend eines mittleren Trends." Salopp ausgedrückt: Auf den Versuchsfeldern bleibt das künstliche Klima nicht konstant, sondern orientiert sich an den Schwankungen vor Ort. "Dadurch erwarten wir natürlich weniger starke Effekte als wenn wir in jedem Jahr eine Millenniumsdürre simulieren würden, bleiben damit aber näher an der Realität. Denn es wird auch in Zukunft nasse Jahre geben."

Der Boden reagiert schneller als erwartet

Dass ihr Experiment über mindestens 15 Jahre angelegt ist, soll ebenfalls dazu beitragen, die Aussagekraft der Ergebnisse zu erhöhen. Denn viele der Prozesse, auf die Schädler und seine Kollegen ihr Augenmerk legen, sind langfristiger Natur. In früheren Versuchen waren beispielsweise Veränderungen im Boden erst nach vier oder fünf Jahren zu erkennen. "Zu unserer großen Überraschung tut sich aber schon jetzt viel mehr im Boden als wir erwartet hatten." Die Abnahme  der Produktivität unter den zukünftigen Klimabedingungen  um 20 bis 25 Prozent über alle Landnutzungsvarianten erklärt sich wohl, so Schädler,  mit den reduzierten Niederschlägen im Sommer. 

Aber auch die Bodenfauna zeigt erste Veränderungen. In einem Kubikdezimeter Boden tummeln sich mehrere Milliarden Kleinstlebewesen und sorgen durch den Abbau von totem Material dafür, dass Nährstoffe wieder dem Kreislauf des Lebens zur Verfügung stehen. Wie schnell diese Prozesse ablaufen, hängt stark von der Zusammensetzung der Bodenfauna ab. "Bei bestimmten Artengruppen sehen wir vor allem während der Sommertrockenheit deutliche Einbrüche unter den zukünftigen Bedingungen. Andere Artengruppen wiederum scheint das Klima gar nichts anhaben zu können. Die profitieren eventuell sogar davon, dass bestimmte Bodenbewohner dezimiert werden. Um das Muster wirklich interpretieren zu können, müssen wir aber noch einige Jahre lang Daten sammeln." Es wird also noch eine Weile dauern, bis die Wissenschaftler sagen können, wie sich die veränderte Artenzusammensetzung und die teilweise verringerte mikrobielle Aktivität langfristig auf die Produktivität des Bodens auswirken.

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