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Helmholtz-Perspektiven 03

7titelthema Helmholtz Perspektiven November – Dezember 2013 Nachdem das Vorhaben gescheitert war, den deut- schen Wissenschaftsjournalismus lässiger, schneller und relevanter zu machen, blieb Ratlosigkeit zurück. Mit großen Verheißungen war der New Scientist im November 2012 an den Start gegangen – ein Wochenmagazin über Wissenschaftsthemen, gefüllt mit aktuellen Nachrichten, aber auch mit akribisch recherchierten Hintergrundstücken. In guten Mo- menten inspiriert vom britischen New Scientist, dem berühmten Vorbild, das man auf der Insel wegen seiner feinen Ironie liebt. Ausgestattet mit einem finanzstarken Geldgeber im Rücken, namentlich dem Spiegel-Verlag. Es brachte alles nichts. Ende Mai 2013, ein paar Monate nach seiner Einführung, wurde der New Scientist wieder eingestellt. Die Absätze waren so desaströs, dass die Geschäftsführung die Reißlei- ne gezogen hatte. Von Verkaufszahlen im unteren fünfstelligen Bereich war die Rede. Das rasante Ableben des New Scientist ist ein Symptom für die Sinnkrise eines ganzen Berufs- stands. Ähnlich wie Medienschaffende anderer Fachrichtungen, ob aus Politik, Kultur oder Wirt- schaft, ringen Wissenschaftsjournalisten vergeblich um Antworten auf bohrende Fragen: Haben im Internetzeitalter gedruckte Erzeugnisse überhaupt noch eine Zukunft? Und wenn nicht: Wie können dann vermeintlich oberflächliche Online-Medien den Printjournalismus beerben, ohne dass dessen Tie- fenschärfe verlorengeht? Neben Debatten dieser Art beunruhigen die nackten Zahlen: Fast alle bekann- ten Wissensmagazine verzeichnen Auflagenrückgän- ge, ob populäre Hochglanz-Illustrierte wie Geo und P.M. oder schwarzbrotige Fachblätter wie Bild der Wissenschaft und Spektrum der Wissenschaft (siehe Grafik). Eine Ausnahme ist Zeit Wissen, 2004 ins Leben gerufen und damit vergleichsweise jung; ein Magazin, das Zuwächse meldet. Andere Neulinge im Zeitschriftenregal verschwinden dagegen gleich wieder, weil sie zu wenige Leser finden – das gilt nicht nur für den New Scientist. Dasselbe Schick- sal ereilte vor einigen Jahren auch SZ Wissen, den Wissenschafts-Ableger der Süddeutschen Zeitung. Die Publikation wurde 2009 aufgegeben, nachdem sie gerade einmal fünf Jahre alt war. Der Befund ist klar: Die Blattmacher finden zu selten ein Rezept, wie man aus ambitionierten Artikeln über die weite Welt der Wissenschaft, mit Strecken über Schwarze Löcher, Glücksforschung, Krebsthe- rapie oder Cyberkrieg, verlässliche Verkaufsschlager strickt. „Die Stimmung unter den Printkollegen ist schlecht“, konstatiert Claudia Ruby, stellvertretende Vorsitzende der Wissenschafts-Pressekonferenz (WPK). Ihre Erklärung für die Absatzprobleme: „Die sinkenden Leserzahlen sind der Ausdruck einer generellen Krise des Printmarkts.“ In der Tat: Egal ob SZ oder FAZ, Stern oder Bunte, Kicker oder Sportbild, es ist heutzutage kompliziert, die Aufmerksamkeit des Lesers zu gewinnen – jenes Lesers, der gern als medialer Dauerkonsument mit ADHS-Zügen karikiert wird, der also unberechenbar zwischen Smartphone, iPad und Laptop hin- und herspringt. Im Gegensatz zu anderen Fachressorts muss der Wissenschaftsjournalismus dazu noch mit ganz eigenen Herausforderungen kämpfen. Die Sachverhalte, die er sexy machen muss, sind überdurchschnittlich sperrig – einen unterhaltsa- men Artikel über Quantenfeldtheorien zu schreiben, erfordert eine aufwendigere und zeitintensivere Transferleistung als ein Portrait über den neuen Bayern-Trainer. Das ist kein geringes Problem – besonders wenn verunsicherte und wirtschaftlich geschwächte Verlage am Personal sparen. Dann wird es zum logistischen Drahtseilakt, fesselnde Geschichten anzufertigen. Focus etwa hat die Größe seines Wissensressorts innerhalb von zehn Der Wissenschaftsjournalismus steckt in der Krise. Viele Redaktionen haben weniger Geld, weniger Personal, weniger Platz – und weniger Leser. Die Branche muss sich neu erfinden Ende der Geschichte?

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