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Helmholtz Perspektiven Mai 2015

Helmholtz Perspektiven Mai – Juni 2015 19Forschung von Diabetes geführt. „Obwohl natürlich nicht jeder Übergewichtige an Diabetes erkrankt und nicht jeder Diabetiker übergewichtig ist“, sagt Tschöp, „gäbe es ohne eine so weit verbreitete Fettsucht auch keine Diabetes-Epidemie.“ Laut Karsten Müssig von der Uniklinik Düsseldorf werden überhöhte Blutzuckerwerte viel zu häu- fig verharmlost. Oft vergehen viele Jahre bis zur Diagnose Diabetes. Weil es in dieser Zeit schon zu Begleiterkrankungen kommen kann, sei es wichtig, die Patienten so früh wie möglich zu erreichen. „Ab einem Alter von 50 Jahren und bei Vorliegen von Risikofaktoren wie Übergewicht oder einem erst- gradigen Verwandten mit Diabetes sollte man daran denken, dass man Diabetes haben könnte, und sich darauf untersuchen lassen“, empfiehlt Müssig, der auch das Klinische Studienzentrum am Deutschen Diabeteszentrum leitet. Oliver Sonnet hat durch eine angepasste Er- nährung und Sport seine Zuckerwerte wieder in den Normalbereich gebracht. „Nach einer Gewichtsre- duzierung konnte ich das Medikament aussetzen“, sagt er. Den meisten Patienten fällt es jedoch schwer, den Lebensstil zu ändern. Müssig hat mit seinem Team deshalb vor drei Jahren ein Grund- schulprojekt ins Leben gerufen, das Kinder für mehr Bewegung und eine ausgewogene Ernährung sensibilisiert. Denn auch wenn das Krankheitsrisiko mit dem Alter steigt, werden die Weichen meist viel früher gestellt. „Ein übergewichtiger Jugendlicher hat ein 80-prozentiges Risiko, auch als Erwachsener übergewichtig zu sein“, sagt Müssig. Gemeinsam ist den unterschiedlichen Formen, dass sie Stoffwechselstörungen sind, die zu einem erhöh- ten Blutzuckerspiegel führen. Zucker ist eigentlich ein wichtiger Energielieferant. Über das Blut gelangt er in die Zellen. Steigt die Glukosekonzentration im Blut, gibt die Bauchspeicheldrüse Insulin ab. Das öffnet dem Treibstoff den Weg in die Zellen. Wird nicht genügend Insulin produziert oder wirkt es nicht richtig, können die Zellen nur einen Teil der Glukose aufnehmen – der Blutzuckerspiegel steigt. Diabetiker benötigen daher eine Therapie, um den Blutzuckerspiegel zu regulieren. Ansonsten besteht die Gefahr, dass es zu schweren Schäden etwa an ihren Augen, Nieren, am Herz oder Gehirn kommt. „in deutschland ist bald jeder Zehnte an diabetes erkrankt – oder wird noch daran erkranken“ Diabetes ist in Deutschland kein Randphänomen. Ganz im Gegenteil: Es gibt heute rund sechs Millionen Betroffene – und die Dunkelziffer ist noch höher. Schätzungsweise kommt auf jeden Patien- ten mit Typ-2-Diabetes ein weiterer Erkrankter mit unerkanntem Diabetes, denn die ersten Sympto- me machen sich oft erst nach Jahren bemerkbar. Matthias Tschöp vom Helmholtz Zentrum München befürchtet eine Epidemie: „In Deutschland ist bald jeder Zehnte an Diabetes erkrankt – oder wird noch daran erkranken.“ Das sind zehn Mal so viele wie noch vor 50 Jahren. Der Trend gehe weiter nach oben, denn mit den heutigen Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten allein lasse sich diese Entwicklung nicht stoppen. Vor fünf Jahren wurde deshalb das Deutsche Zentrum für Diabetesfor- schung (DZD) gegründet – ein nationaler Verbund von außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Universitätskliniken. Tschöp ist wissenschaft- licher Sprecher des Helmholtz-Diabetes-Zentrums in München, das eine führende Rolle im DZD einnimmt. Die Wissenschaftler arbeiten an neuen Strategien, um die Krankheit frühzeitig zu erkennen und individuell zu behandeln. Neun von zehn Diabetikern sind am Typ 2 erkrankt. Der frühere Name „Altersdiabetes“ ist längst überholt, denn immer häufiger erkranken auch Kinder und Jugendliche daran. Während beim Typ-1-Diabetes die Insulinproduktion und -aus- schüttung nicht mehr funktionieren, sprechen bei Typ-2-Diabetikern die Körperzellen schlechter auf Insulin an. Die Anlage zum Typ-2-Diabetes wird vererbt, doch vor allem Überernährung und Bewe- gungsmangel haben zur dramatischen Zunahme Erforscht Diabetes Matthias Tschöp ist wissenschaftlicher Sprecher des Helmholtz-Diabetes- Zentrums und Professor für Stoffwechselerkrankungen an der TU München. Bild: Jan Roeder

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