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Helmholtz Perspektiven Jan 2015

37 Helmholtz Perspektiven Januar – Februar 2016 PORtRät Wenn Jens Stadlmann arbeitet, wirkt er wie der Kommandant eines großen Raumschiffs. Vor ihm im Kontrollraum türmen sich blau leuchtende Monitore, unzählige Knöpfe und Schalter. Schon ein kleiner Druck darauf setzt gewaltige Kräfte frei. Der Raum gehört zum GSI Helmholtzzentrum für Schwer- ionenforschung in Darmstadt, Jens Stadlmann arbeitet dort als Beschleunigerphysiker. Ähnlich wie am bekannten CERN in der Schweiz werden in den Anlagen bei GSI Ionen auf hohe Geschwindigkeit beschleunigt, im Ringbeschleuniger SIS18 etwa auf 270.000 Kilometer pro Sekunde. So erforscht man zum Beispiel den Aufbau von Atomen oder kann Rückschlüsse über Sterne oder Sternexplosionen ziehen. Forscher aus der ganzen Welt kommen nach Darmstadt, um dort ihre Experimente durchzu- führen. Stadlmanns Aufgabe ist es, die Anlage funktionsfähig zu halten und weiterzuentwickeln. Bei GSI soll bald ein neuer Ringbeschleuniger mit zahlreichen Speicherringen gebaut werden. „Ein Heer der Ringe“, wie Stadlmann im Scherz sagt. Um eine solche Anlage zu planen, muss man überlegen, was Forscher in den nächsten Jahren wie untersuchen wollen. Denn danach richtet sich der Aufbau. Jens Stadlmann beschäf- tigt sich gern mit solchen Fragen. Er ist Generalist. Anstatt sich auf ein einzelnes Thema zu spezialisieren, hat er lieber den Überblick. Technik interessierte ihn schon immer: Als Kind hat der jetzt 45-Jährige an seinen Fahrrädern herum- geschraubt, später Autos repariert. Sein Vater ist Ingenieur und Nachrichtentechniker. „Als Sohn muss man was anderes machen“, fand Stadlmann und begann 1990 mit dem Physik- studium, das er 1997 abschloss. Aber auch in diesem Fach interessierten ihn vor allem die technischen Aspekte. Jetzt kann Stadlmann sein Interesse für Naturwissen- schaft und Technik verbinden. 1998 fing er bei GSI an und schrieb dort seine Doktorarbeit, die er 2002 erfolgreich abschloss. Seitdem arbeitet er im Beschleunigerbereich. Bis er mit der Anlage allerdings wirklich vertraut war, dauerte es etwa vier Jahre. Für einen normalen Betrieb sind im Kon- trollraum drei Personen notwendig. Wenn Forscher für ihre Experimente Sonderwünsche haben, werden es schnell mehr. Jens Stadlmann ist ein kommunikativer Mensch. Das muss er auch sein, denn er hat viel zu koordinieren, sowohl mit den Operateuren, die die GSI-Beschleunigeranlage betreiben, als auch mit den internationalen Forschern, die hier ihre Experi- mente durchführen. Das GSI Helmholtzzentrum gehört zu den wenigen Ein- richtungen, die jedes Element des Periodensystems beschleu- nigen können, selbst seltene Elemente wie Gadolinium oder Sa- marium, die in Leuchtstoffröhren oder Glas verwendet werden. Mit den beschleunigten Elementen führen die Wissenschaftler bei GSI eine große Vielfalt von Experimenten durch. Sie wollen damit den Aufbau der Materie entschlüsseln und die Entwick- lung des Universums nachvollziehen. Zu den bekanntesten Ergebnissen zählt die Entdeckung von sechs neuen chemischen Elementen. Den Wissenschaftlern gelang es aber auch, mithilfe der Beschleunigungsexperimente eine neuartige Krebstherapie zu entwickeln. Gearbeitet wird im Schichtbetrieb. Jens Stadlmanns Arbeitsalltag hat zwei Phasen. An den Tagen, an denen der Ringbeschleuniger in Betrieb ist, muss er für einen reibungs- losen Ablauf sorgen. Läuft der Beschleuniger nicht, koordiniert er Umbauarbeiten. Einen Pieper hat er immer bei sich. Der holt ihn auch immer mal wieder aus dem Bett, wenn es ein technisches Problem zu lösen gibt. Wenn das am Telefon nicht möglich ist, macht sich Stadlmann auch mitten in der Nacht auf den Weg zu GSI. Mit fünf oder sechs Kollegen steht er dann schon mal um zwei Uhr morgens im Kontrollraum und sucht die Fehlerquelle. „Forschergruppen bereiten sich vielleicht ein Jahr für die drei Wochen bei uns vor. Wenn sie dann hier sind, muss alles klappen“, sagt Stadlmann. Der Physiker arbeitet aber nicht nur. In seiner Freizeit liebt er es zu fotografieren. Er programmiert gern oder hört Rock, Metal und Alternative – „wie alle Physiker“, meint er. Stadlmann ist überdies Star Wars-Fan. Auch als Sportschütze und Jäger verbringt er freie Zeit. Seit einem Jahr ist er zudem Vater und genießt das Familienleben.  Friederike Lübke Im Rausch der Beschleunigung Schon als Kind schraubte Jens Stadlmann gerne an Fahrrädern herum. Diese Leidenschaft fürs Tüfteln kann der Physiker heute auch in seinem Beruf ausleben

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