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Helmholtz Perspektiven Jan 2015

12 tIteLtHeMA Helmholtz Perspektiven Januar – Februar 2016 „Bauschutt kann leicht wiederverwertet werden“ Baustoff-Experte Dietmar Stephan im Gespräch über Alternativen zum ungehemmten Sandabbau und zu den Grenzen des Recyclings Herr Stephan, Wüstensand gibt es in rauen Mengen. Als Baustoff ist er aber wegen seiner glatten Körnung unge- eignet. Aber könnte man ihn künftig vielleicht doch für Bauvorhaben nutzbar machen? Wüstensand bietet keine Möglichkeiten zur Anhaftung von zum Beispiel Zement. Dies müsste man ändern, etwa durch Anreicherung mit Flugaschen. Auch bau- chemische Zusatzmittel können helfen, ihn besser verarbeitbar zu machen. Eine andere Möglichkeit wäre es, hochwerti- gen Bausand, der aus Kiesgruben kommt oder aus dem Meer, mit Wüstensand zu vermischen und so den Verbrauch zu reduzieren. Und mit dieser Mischung kann man dann in gleicher Qualität bauen? Das sicherlich nicht. Aber zum Beispiel für den Straßenbau wäre die Methode geeignet. Und zum Teil kommt sie dort auch schon zum Einsatz. Warum nutzt man sie nicht für den Bau von Wolkenkratzern? Wüstensand enthält Salze, die dazu führen, dass der Stahl im Stahlbeton schneller korrodiert, brüchig wird. Das würde die Halbwertzeit von Bauwerken erheblich verkürzen. Dem Sand müsste das Salz zunächst durch eine gründli- che Reinigung entzogen werden. Dafür müsste man aber große Mengen Süßwas- ser verbrauchen, was natürlich absurd wäre – denn auch das ist in den Wüsten- staaten eine knappe Ressource. Im Sand aus dem Meer dagegen kommt Salz in gelöster Form vor und lässt sich deshalb mit einem geringeren Wasserverbrauch auswaschen. Es gibt die Idee, zermahlenes Altglas, das ja zu einem Teil aus Sand besteht, als Beimischung für die Herstellung von Beton zu verwenden. Funktioniert das? Ich halte das Recycling von Altglas zu Neuglas für sinnvoller, denn für die Her- stellung von neuem Glas müssten sonst wieder Sand und viel Energie aufgewen- det werden. Glas kann als Ersatz für Sand und Kies nur eine untergeordnete Rolle spielen – das bewegt sich vermut- lich nicht einmal im Promillebereich. Es wird derzeit in Hongkong viel dazu geforscht. Dort geht es allerdings eher um die Suche nach Möglichkeiten für die Glasabfall-Entsorgung. Aber auch, wenn es darum geht, die Ressource Sand zu schonen, ist solche Forschung natürlich interessant. Bei der Verwendung von Glas gibt es allerdings ein Problem: die sogenannte Alkali-Kieselsäure-Reaktion, die dazu führt, dass Betonstraßen rissig werden und an der Oberfläche aufbre- chen. Der Volksmund spricht von „Be- tonkrebs“. Die im Zement enthaltenen Alkalien lösen einen Teil des Glases an. Dadurch entsteht zusammen mit Wasser ein Gel, das quillt und einen hohen Druck produziert. Das ist nicht auf Glas beschränkt, das Phänomen tritt auch auf, wenn Bausand und Kies beispielsweise Anteile von Feuerstein enthalten. Ganz ohne Bausand geht es also nicht? Er ist leider unverzichtbar für die meisten Bauvorhaben. Deshalb halte ich Bauschutt-Recycling für vielverspre- chender. Wenn Bauschutt schadstofffrei ist, kann er, geschreddert und gesiebt, Dietmar Stephan leitet an der technischen universität Berlin das Fachgebiet Baustoffe und Bauchemie am Institut für Bauingenieurwesen. An der universität-Gesamthochschule siegen hat er Bauchemie studiert und dort auch promoviert. Dann arbeitete er bei der Heidelberger zement Group technology Center GmbH sowie als Habilitand am Lehrstuhl für Bauche- mie der tu München. Ab 2006 war er Akademischer Oberrat im Fachgebiet Werkstoffe des Bauwesens und Bau- chemie der universität Kassel, wo er 2010 habilitierte. Bild: FG Baustoffe und Bauchemie

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