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Festschrift der Helmholtz-Gemeinschaft

57 Aufgabe des Vorsitzenden. Für unpopuläre Entscheidungen muss geworben werden. Vertrauen ist wichtig – ebenso Zuver- lässigkeit und Berechenbarkeit. Wir hatten häufige Klausurta- gungen, bei denen es auch um das Wachstum der Gemeinschaft ging: Erst waren wir 13, dann 14, dann 15, jetzt 18 Zentren. Wie werden diese in sechs Forschungsbereiche gegliedert? Wer gehört zur Gesundheit? Wer gehört zur Energie? Luft- und Raum- fahrt ist relativ einfach, aber wer gehört zur Materie? Zu Schlüs- seltechnologien? Wer entscheidet das? Wie wird begutachtet? Es gab ausreichend Themen und Arbeit für den Vorsitzenden. Wann hat sich die thematische Profilierung in den sechs For- schungsbereichen weiterentwickelt? Detlev Ganten Der Prozess begann in meiner Zeit als Vorsitzender. Der Ausgangspunkt war, dass die Bereiche wie Energie, Gesund- heit, Erde und Umwelt und so weiter als Themenbereiche über die Zentren hinaus und unabhängig von den Institutionen organi- siert wurden. Es war schnell Konsens aller Vorstände, dass Helm- holtz für interdisziplinäre Zusammenarbeit, langfristige Strate- gien und komplexe Systemlösung steht. Später wurde dann die Programmorientierte Förderung mit ihren strategischen Zielen eingerichtet. Damit wurden Forschungsschwerpunkte in der Bundesrepublik wissenschaftlich sichtbar und qualitativ sicher auch besser. Was war die Rolle der Bundesländer in diesen Entscheidungen? Detlev Ganten Unter den Zentren hatte sich eine klare Mehrheit für eine Bund-Länder-Balance in einem föderalen System ausge- sprochen. Es gibt sehr engagierte Länder, die etwas für die Wissenschaft tun wollen, andere Länder haben begrenzte Mög- lichkeiten der Finanzierung. Ein gewisser Ausgleich der Bundes- interessen und der Länderinteressen ist bei großen strategischen Entscheidungen wichtig. Besonders bedeutsam ist für mich per- sönlich, aber ich denke für uns alle, die Tatsache, dass natürlich die Universitäten die Basis des deutschen Forschungs- und Aus- bildungssystems sind. Diese müssen gestützt und gefördert werden. Helmholtz und die anderen Forschungsorganisationen müssen mit den Universitäten eng zusammenarbeiten. Das geht aber nur gemeinsam mit den Bundesländern. Insofern waren und sind die Länder für uns sehr wichtig. Was waren Ihre wichtigsten Ziele als Vorsitzender? Detlev Ganten Ich wollte eine starke Gemeinschaft selbstbewusster und eigenständiger Zentren schaffen. Es sollte eine gemeinsame überzeugende Vision mit klaren Profilierungsbereichen für alle Zentren entstehen. Das haben wir mit dem Statut für die Helm- holtz-Gemeinschaft gut vorbereitet und auch mit der Politik abge- stimmt. Zu meiner Zeit als Vorsitzender war Edelgard Bulmahn die verantwortliche Bundesministerin. Die vertrauensvolle und offene Zusammenarbeit habe ich in bester Erinnerung. Ich habe auch gelernt, wie Politik funktioniert. Die Etablierung der Helm- holtz-Gemeinschaft nach innen und außen war natürlich eine wichtige Aufgabe. Es ging auch um die Vertretung der neuen Wissenschaftsorganisation im wiedervereinigten Deutschland und die Vertretung im Ausland. Da gab es großes Interesse. Offizielle Reisen nach Israel, Polen, China, Frankreich und andere Länder waren dabei wichtig und, ich denke, erfolgreich. Gab es eine generelle Idee, die Sie mit dem Vorsitz der Gemein- schaft verbanden? Detlev Ganten Mein Traum war und ist es, Deutschland als Wissen- schaftsland und als wichtigen Teil Europas wieder ganz nach vorne zu bringen. Die Wiedervereinigung war für mich eine Zäsur, in der ich neue Gestaltungsmöglichkeiten für die große deutsche Wissenschaftstradition erkannte. Es gab das Ziel, Deutschland wieder zu einem Forschungsland zu machen und eine Identität eines wiedervereinigten Deutschlands als eines kulturreichen Wissenschaftslandes aufzubauen, das humanitä- ren Zielen in der Forschung und in deren Anwendung verpflich- tet ist. In meiner Zeit als Vorsitzender sah ich dann die Chance, die Helmholtz-Gemeinschaft als wichtige Einrichtung in der For- schungslandschaft zu positionieren. Dazu reicht es nicht, im Wissenschaftssystem selber tätig zu sein, sondern man muss die ganze Gesellschaft mitnehmen und überzeugen. Damals haben wir daher die Agentur „Wissenschaft im Dialog“ mit den anderen großen Forschungsorganisationen gegründet, um Wis- senschaft öffentlich und verständlich darzustellen und einen gesellschaftlichen Dialog zu initiieren. Haben Sie die von Ihnen gesteckten Ziele erreichen können? Detlev Ganten In vielen der oben genannten Themen sind wir gut vorangekommen. Bei langfristigen großen Zielen kann man aber nie wirklich an einem konkreten Ziel ankommen und sich zur Ruhe setzen und sagen: Es ist geschafft. Forschung und ihre Strukturen müssen sich immer wieder erneuern und wandeln mit den neuen Fragestellungen und Herausforderungen. Herr Ganten, was hat Sie in Ihrer Zeit als Vorsitzender der Helmholtz-Gemeinschaft am meisten beeindruckt? Detlev Ganten Als Helmholtz-Vorsitzender ist man Vertreter einer großen deutschen Wissenschaftsorganisation. Unvergesslich ist meine Reise mit dem Bundespräsidenten Johannes Rau zum Staatsbesuch nach China in seiner Präsidentenmaschine. Die sehr persönlichen Vorbereitungen und Gespräche und die Mög- lichkeit, die Bundesrepublik Deutschland als Wissenschaftsland zu vertreten und Kontakte für die Zukunft zu knüpfen, sind etwas ganz Besonderes im Leben eines Wissenschaftlers. Die Helmholtz-Gemeinschaft spielt dabei nach innen und nach außen in der Struktur, die sie sich selber vor 20 Jahren gegeben hat, eine herausragende Rolle. Das freut mich.

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