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Festschrift der Helmholtz-Gemeinschaft

18 schen und wissenschaftlich-technischen Interessen wurde stabilisiert. Der politisch verbriefte Bedarf des Staates an insti- tutionell gesicherten Kapazitäten zur Erforschung komplexer Großsysteme garantierte ihren Bestand über die Wechsellagen inhaltlicher Schwerpunktsetzungen hinweg. 3. Vom Arbeitsausschuss zur Arbeitsgemeinschaft: Identitäts- findung der Großforschung in den 1960er Jahren Die Identitätsfindung der Großforschungseinrichtungen nahm in dem 1958 gegründeten „Arbeitsausschuß für Verwaltungs- und Betriebsfragen der deutschen Reaktorstationen“ ihren Ausgang. Wie bei jeder Verbandsbildung ging es zunächst einmal um die Selbsthilfe der Betroffenen, befanden sich doch die Kernfor- schungseinrichtungen in den späten 1950er Jahren noch „recht- lich, organisatorisch, aber auch betriebs- und sicherheitstech- nisch in einem Neuland ohne Infrastruktur“.30 So war etwa das Bundesatomministerium erst im Aufbau, und ein Gesetz zur Regelung der Atomwirtschaft lag auf Bundesebene noch nicht vor. Die Initiative ging von den Administratoren der Kernfor- schungszentren aus und hier insbesondere von dem kaufmänni- schen Geschäftsführer der GKSS, Manfred von zur Mühlen. Im Unterschied zu den Wissenschaftlern, die international breit vernetzt waren, verfügten die Verwaltungsexperten über kein Forum der Kommunikation und des Erfahrungsaustausches. Aus der konstituierenden Sitzung in der GKSS am 29. Oktober 1958 entwickelte sich ein periodisch tagendes Gremium des informel- len Austauschs über administrative, betriebswirtschaftliche und betriebstechnische Fragen, das zwar gemeinsame Empfeh- lungen etwa zur Ausbildung und Prüfung des Reaktorpersonals erarbeitete, zunächst jedoch kein Mandat besaß, gemeinsame Interessen zu formulieren und durchzusetzen. Die Dynamik der Entwicklung ging über die Skeptiker eines Wan- dels zur Interessenvertretung rasch hinweg. Nicht einmal anderthalb Jahre nach der Gründung wurde die Etablierung von etwa vier- bis fünfmal pro Jahr tagenden Arbeitskreisen beschlossen. Die anfänglich zwei Arbeitskreise für Verwaltungs- fragen und für technische Fragen differenzierten sich zügig in zahlreiche Unterausschüsse aus, von denen dem Ausschuss für Tariffragen die größte Bedeutung zukam. Vor allem in der zwei- ten Hälfte der 1960er Jahre, als nach Einführung des Bundes- angestelltentarifs 1961 die Diskussion um Sonderrechte für die Wissenschaft hochkochte, sollte sich die Debatte um eine eigene Vergütungsordnung für die Reaktorstationen zum Treiber für die Identitätsfindung der Großforschung entwickeln. Im Wett- bewerb mit der expandierten Kernenergiewirtschaft um qualifi- zierte Kräfte drohten die Zentren über die starre Anwendung öffentlicher Tarife immer mehr an Boden zu verlieren. Die Debat- ten um Tarif-, Personal- und Arbeitsrechtsfragen mündeten 1968 gar in Überlegungen, den Arbeitsausschuss in einen eigenstän- digen Arbeitgeberverband umzuwandeln. Doch nicht nur Personalfragen beschäftigten den Arbeitsaus- schuss und seine Untergremien. Im Zusammenhang mit Ver- sicherungsfragen und Atomhaftungskonventionen rückte beispielsweise auch die Gründung eines gemeinsamen Unfall- dienstes in den Vordergrund, der im Falle eines größeren nuklearen Störfalls tätig werden sollte. Als „Kerntechnischer Hilfszug“ wurde er schließlich am Kernforschungszentrum Karlsruhe stationiert. Ein weiterer inhaltlicher Treiber auf dem Weg zu einer gemein- samen Identität und Interessenvertretung war der Problemkreis der wirtschaftlichen Verwertbarkeit von geistigem Eigentum in der Form von Patenten und Lizenzen. Stärker noch als die Fernsteuerbares Manipulatorfahrzeug des Kerntechnischen Hilfszugs (KTH), 1974. Foto: KIT-Archiv Bundesministerium für Forschung und Technologie, sogenannte Kreuzbauten in Bonn (aktuelle Ansicht). Foto: BMBF/Stefan Müller Fotografie Die Helmholtz-Gemeinschaft in historischer Perspektive

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